Zum 70. Mal jährt sich 2015 die Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus. Eine linke Perspektive auf diese 12 Jahre deutscher Geschichte ist ebenso notwendig wie eine Kritik an der etablierten Erinnerungskultur, die noch immer den Täter*innen zu viel Verständnis und den Opfern und Widerständler*innen zu wenig Würdigung entgegenbringt. Auch wenn sich das Erinnern und Gedenken seit 1945 gewandelt hat, bleibt für uns noch einiges zu tun: Viel zu oft schaffen es Nazis, die Erinnerung für ihre Zwecke zu vereinnahmen, und kaum ein öffentliches Erinnern kommt ohne das Gedenken an “alle Opfern” des Nationalsozialismus aus – unerheblich, ob es sich dabei beispielsweise um im Vernichtungskrieg gefallene Soldaten oder um in Lagern vernichtete Verfolgte handelt.
Mit unserer Veranstaltungsreihe wollen wir Stellung beziehen: Wir wollen Ursachen und Wirkungen in der Zeit der Barbarei eindeutig zuordnen. Unser Gedenken gilt jenen, die durch die nationalsozialistische Ideologie zu Opfern gemacht wurden, und jenen, die versuchten, Widerstand zu leisten. Wir wollen Bewusstsein schaffen: In Zeiten, in denen die Auseinandersetzung um die nationalsozialistische Vergangenheit dominiert wird von einer Schlussstrichmentalität, und in denen gleichzeitig ein positiver Bezug zur deutschen (geläuterten) Nation dadurch auch wieder ermöglicht wird, wollen wir den Fokus auf die Schrecken des NS und die Versäumnisse der BRD lenken, anstatt uns in einen entpolitisierten, herrschaftslegitimierenden Erinnerungsreigen einzureihen.
Wir wollen daher alle Interessierten dazu einladen, gemeinsam mit uns in einen Prozess zu treten, in dem wir nach der Bedeutung von Erinnerung für uns heute fragen, uns kritisch mit der bundesdeutschen Erinnerungspolitik auseinandersetzen und eigene Formen des Erinnerns und Gedenkens entwickeln. Dazu wollen wir uns sowohl theoretisch mit Erinnerungskultur und Gedenkpolitik auseinandersetzen als auch in Frankfurt durch verschiedene Veranstaltungen und Aktionen, Gedenkstättenbesuche und Stadtspaziergänge, Filmvorführungen und Lesungen an die nationalsozialistische Barbarei, die Opfer und Widerständler*innen erinnern.