Die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt (BOrG) des Utopia e.V. begrüßt die Initiative zur Schaffung eines Anti-Rassismus-Referats im AStA der Viadrina. Angesichts der im StuPa geführten Debatte betreffend der Frage nach der Notwendigkeit eines solchen Referats, möchten wir die Gelegenheit nutzen, Stellung zu beziehen und dabei aus unseren Erfahrungen in der Beratungsarbeit mit Betroffenen rechter Gewalt zu berichten.
Frankfurt und Słubice sind aktuell der Lebensmittelpunkt für Studierende aus allen Teilen der Welt. Die Europa-Universität Viadrina bezeichnet sich selbst als die “internationalste Universität Deutschlands”. Universitäten gelten als die Zentren der Bildung schlechthin und werden zumeist als Orte verstanden, die Raum für die Entfaltung der Vielfältigkeit ihrer Angehörigen bieten. Doch verhindert universitäre Bildung nicht die Reproduktion rassistischer Denkweisen. Denn Rassismus beginnt bereits vor tätlichen Übergriffen und verletzenden Beleidigungen im Zusammenhang mit der „Herkunft“ der Betroffenen. Das Bild eines*r Deutsche*n wird anhand spezieller Merkmale wie Hautfarbe Name oder Sprache konstruiert. Alles was nicht in dieses Bild passt, gerät in die Kategorie „fremd“ und wird somit dem „wir“ entgegengestellt. Wer als fremd markiert wird, ist stets alltagsrassistischen Vorurteilen ausgesetzt.
Rassismus ist aber ebenso institutionell verankert und zeigt sich in der Behandlung von Personen, welche nicht der deutschen Mehrheitsgesellschaft entsprechen, bei Behörden oder sonstigen staatlichen Institutionen und ausführenden Organen – dies ist auch präsent an Universitäten. Daher ist es schon aus inneruniversitärer Notwendigkeit heraus erforderlich ein anti-rassistisch agierendes Referat der studentischen Selbstverwaltung zu schaffen, das für diese Problematik Bewusstein schafft.
Die Aufgabe müsste die aktive Sensibilisierung der Studierendenschaft für die alltäglichen Ausprägungen von Rassismus mittels Bildungsarbeit, Veranstaltungen und politischer Stellungnahme sein.
Es ist ein Fehler anzunehmen, dass die Universität von der Realität in Frankfurt (Oder) abgeschnitten ist. Diese Realität wird von Betroffenen als rassistisch charakterisiert. Die Studierenden müssen sich ihr stellen, spielt sich ihr Leben schließlich nicht nur innerhalb der Mauern der Universität ab. Seit über 15 Jahren macht sich der Utopia e.V. u.a gegen Rassismus stark und wir können aus unserer Erfahrung mit der Beratungsstelle Opfer rechter Gewalt nur die Notwendigkeit eines Anti-Rassismus-Referats herausstellen. Gerade an der Universität sollten die Studierenden eine starke Stimme gegen Rassismus an ihrer Seite haben.
Beratungsarbeit ist verbunden mit einer aktiven Vorgehensweise und Selbstinitiative. In den seltensten Fällen sind Betroffene rechter Gewalt zu uns gekommen, oft haben wir die Betroffenen selbst aufgesucht. Hierbei kann keine Linearität in der Anzahl der Fälle genannt werden. So kann nicht von einer wöchentlich ähnlichen Beratungszeit gesprochen werden.
Keine in der BOrG aktiven Betreuer*innen haben eine psychologische Ausbildung absolviert. Wir verstehen uns als Anlaufstelle und in beratender Position. So vermitteln wir an die Opferperspektive in Potsdam, welche professionell Betroffene rechter Gewalt unterstützt, an Anwält*innen oder Psycholog*innen. Weiterhin begleiten wir die Betroffenen bei Behördengängen und unterstützen sie parteiisch in jeder Hinsicht.
Unsere ehrenamtliche Arbeit ist begrenzt. Umso mehr würden wir uns von einem Asta-Referat eine gegenseitige Unterstützung der Beratungsarbeit in unterschiedlichen Sphären der Stadt erhoffen.
Die BorG und der Utopia e.V. betonen aus oben genannten Gründen die Unerlässlichkeit antirassistischer Arbeit in Frankfurt (Oder) und der Universität Viadrina und unterstützen die Forderung der Studierenden nach einem entsprechenden Referat.
Frankfurt (Oder), den 16.01.2014
siehe auch: Stellungnahme der “Initiative für humane Flüchtlingspolitik Frankfurt (Oder)” vom 26.01.2014 sowie die Artikel des Linken Netzwerks Viadrina