Am vergangenen Wochenende kam es in Frankfurt (Oder) zu drei rassistisch motivierten Vorfällen. Am Freitag Abend beleidigten zwei Männer einen jungen Mann und zeigten den Hitler-Gruß. Als dieser sie zur Rede stellte, verletzten sie ihn, sodass er ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Einige Stunden später attackierten drei Männer die Gäste eines interkulturellen Kulturfestes auf dem Brückenplatz, nachdem sie sie rassistisch und antisemitisch beleidigt und bedroht hatten. Am Samstag Abend skandierte eine Gruppe junger Menschen in der Heilbronner Straße “Sieg-Heil”-Rufe.
Der Utopia e.V. verurteilt die Vorfälle aufs Schärfste und spricht den Betroffenen seine Solidarität aus. Wir dürfen nicht hinnehmen, dass Menschen aufgrund ihres Aussehens als “anders” und “minderwertig” markiert und deswegen beleidigt oder angegriffen werden. Ebenso schockiert es uns, dass Menschen, die Courage zeigen, rassistischer Hetze widersprechen oder sich für Geflüchtete engagieren, Angriffen ausgesetzt sind.
Diese Vorfälle zeigen, dass Menschen mit rassistischen Einstellungen nicht zögern, diesen verbal und in Form von Übergriffen Ausdruck zu verleihen. In anderen Städten sind rassistisch motivierte Übergriffe an der Tagesordnung. Und auch in Frankfurt waren die Ereignisse am Wochenende nicht die ersten dieser Art: Ende März wurde eine Gruppe syrischer Geflüchteter von Neonazis durch die Stadt verfolgt und schließlich angegriffen und verletzt, und erst kürzlich gab es Flaschenwürfe gegen die noch nicht bewohnte Geflüchtetenunterkunft am Karl-Ritter-Platz. Dies sind nur zwei Beispiele – die Chronik ließe sich jedoch fortführen. Zudem gab es in diesem Jahr in Frankfurt bereits vier Demonstrationen bzw. Kundgebungen der neonazistischen Szene, die der Verankerung rassistischer Einstellungen im Stadtbild dienen und ein Klima der Ausgrenzung erzeugen (wollen).
Rassismus erfährt in der Gesellschaft wieder massiven Auftrieb und Akzeptanz. Eine hetzerische Stimmungsmache auf der Straße und die politisch forcierte Kriminalisierung von Geflüchteten verstärken sich gegenseitig. Dies mündet sowohl in rassistisch motivierten Übergriffen als auch in einer Gesetzgebung, die Asylsuchende systematisch diskriminiert und vielen von ihnen die Chance auf ein Leben in Sicherheit in Deutschland verwehrt.
Wir warnen vor einer weiteren Eskalation der momentanen Situation. Wir rufen zum verstärkten Engagement gegen Rassismus und für Geflüchtete auf. Rassismus darf nicht unwidersprochen bleiben! Er fängt lange vor rassistisch motivierten Morden an; wenn wir menschenverachtende Stimmung nicht als solche identifizieren, kann sie sich entfalten und radikalisieren. Antirassistische und interkulturelle Initiativen bedürfen der Unterstützung; Geflüchtete müssen verstärkte Solidarität erfahren – denn oft sind sie es, die nach der Fluchterfahrung hier unter Ausgrenzung, Hass und Angst um ihre körperliche Unversehrtheit leiden müssen. Ebenso tut der Protest gegen die rassistischen Zustände Not – sei es bei der anstehenden antirassistischen Demonstration am Weltfriedenstag am 1. September oder entschlossen im Alltag bei rassistischen Äußerungen oder Diskussionen. Ebenso müssen die Hintergründe von Flucht und Migration immer wieder beleuchtet werden: Die Krisen- und Wirtschaftspolitik des globalen Nordens verursacht zwangsläufig Unterdrückung, Krieg und Hunger in der Welt.
Frankfurt (Oder), den 12.8.2015
Utopia e.V.