In der Nacht vom vergangenen Freitag auf Samstag griff eine neunköpfige Gruppe Rassist*innen fünf syrische Geflüchtete auf offener Strasse in Frankfurt (Oder) an. Zwei der Betroffenen befanden sich kurzzeitig im städtischen Krankenhaus zur Behandlung. Dem Übergriff gingen Provokationen in einer Shisha-Bar im Frankfurter Stadtteil Neuberesinchen voraus. Dort wurden die Betroffenen mehrfach rassistisch beleidigt, auch „Sieg Heil“-Rufe wurden skandiert. Daraufhin folgte eine zweistündige Verfolgung der Syrer, die in dem gewalttätigen Angriff gipfelte. Dabei wurde den bereits am Boden liegenden Betroffenen gezielt auf den Kopf getreten. Die Angreifer nahmen somit offensichtlich lebensgefährdende Verletzungen in Kauf. Laut der Frankfurter Staatsanwaltschaft sind die Täter bekannte Neonazis. Mindestens zwei der Angreifer befinden sich momentan in Untersuchungshaft.
Der Übergriff ereignet sich in einer Situation, in der bundesweit und zum Teil auch erfolgreich gegen Geflüchtete mobilisiert wird. Parallel dazu formiert sich seit Sommer 2014 eine rassistische Mobilisierung gegen Geflüchtete in Frankfurt (Oder), zunächst in den sozialen Medien und Anfang diesen Jahres auch auf der Straße. Tonangebend ist dabei die Facebookgruppe „Frankfurt/Oder wehrt sich“, welche im Januar und Februar rassistische Aufmärsche durch die Oderstadt organisierte. Hier marschierten unter anderem Gewalttäter, neonazistische Rocker und Hooligans auf, um sich gegen eine vermeintliche „Überfremdung“ stark zu machen. Auf facebook zeugen zahlreiche Kommentare von der Gewaltbereitschaft der Frankfurter Rassist*innen.
Auch auf den sogenannten „Einwohnerversammlungen“ wurde die Ablehnung gegenüber Geflüchteten in der Stadt offensichtlich. Sowohl im November 2014 als auch im Februar diesen Jahres sprach sich die Mehrheit der Anwesenden gegen Geflüchtete in ihrer Nachbarschaft aus und begründete dies zum Teil mit offensichtlich rassistischen Argumentationsmustern.
„Solche Übergriffe wie am vergangenen Wochenende fallen nicht einfach vom Himmel, sondern sie sind Ausdruck eines rassistischen Normalzustandes. So erschreckend dieser Angriff auch ist, spiegelt er doch den traurigen Alltag Frankfurts und Brandenburgs wieder, in dem sich Geflüchtete oftmals wiederfinden. Was Frankfurt jetzt braucht, ist eine konsequente antirassistische Gegenkultur. Nicht der Rassismus der vermeintlich „besorgten Bürger*innen“ muss ernstgenommen werden, sondern die Belange der Geflüchteten müssen in den Mittelpunkt der Diskussion um die weitere Aufnahme von Geflüchteten rücken. Sowohl Barbetreiber*innen als auch deren Gäste müssen in Zukunft konsequent gegen Neonazis in ihren Räumlichkeiten vorgehen und bei rassistischen Äußerungen einschreiten.“, so eine Sprecherin der Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt Frankfurt (Oder).
Frankfurt (Oder), den 26.03.2015
Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt (BOrG) des Utopia e.V.