Kurzfristige Verhinderung eines „Verbrechens, das keine Rücksicht auf mein Leben nimmt“: Abschiebung von Justin Woachi Patoupé aus Frankfurt (Oder) ist ausgesetzt

Am morgigen Dienstag sollte Justin Woachi Patoupé, der sich u. a. wegen Suizidgefahr auf der psychiatrischen Station des Klinikums Frankfurt (Oder) befindet, in die Slowakei abgeschoben werden. Am heutigen Montag wurde die Abschiebung „storniert“ und Justin Woachi Patoupé aus der Abschiebehaft entlassen. Die verhinderte Abschiebung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das es ein universelles Recht auf Asyl in Deutschland de facto nicht mehr gibt.

Dies wird auch anhand von Justin Woachi Patoupés Geschichte deutlich. Er beantragte 2012 Asyl in der Slowakei und verließ das Land 2014, um eine angemessene, umfangreiche Behandlung seiner Leberkrebs-Erkrankung zu erreichen. Vor kurzem wurde diese Behandlung gegen seinen Willen in Deutschland abgebrochen und er sollte genau dorthin abgeschoben werden, wo ihm sein Recht auf Gesundheit ebenfalls aberkannt wurde. Die Bedingungen für Flüchtlinge in der Slowakei im Allgemeinen sind kaum tragbar, wie Berichte von Pro Asyl und Amnesty International belegen.

So wurde die Slowakei „wegen der Abschiebung von Menschen in Länder kritisiert, in denen sie Gefahr liefen, gefoltert oder anderen Misshandlungen ausgesetzt zu werden.“ Hintergrund der Abschiebung in die Slowakei sind die sog. Dublin-Abkommen der EU sowie Norwegen, Island, der Schweiz und Liechtenstein, bei denen Anträge auf Asyl zunächst nur in dem Mitgliedsstaat angenommen werden, in den der_die Antragssteller_in zuerst eingereist ist. Meist sind dies Staaten am Rande der EU, in die in Deutschland lebende Asylsuchende dann abgeschoben werden. Oftmals sind dort die Lebensbedingungen für Geflüchtete noch schlechter als in Deutschland.

Die Dublin-Verordnung sieht zudem umfangreich Gründe vor, eine_n Asylsuchenden vor seiner Abschiebung zu inhaftieren. So wurde auch Justin Woachi Patoupé vor seiner Einlieferung in das Klinikum Frankfurt (Oder) im Abschiebegefängnis in Eisenhüttenstadt festgehalten. Von dort schrieb er in einem Brief: „Ich wurde aufgefordert, in die Slowakei zurück zu kehren. Das ist ein Verbrechen, das keine Rücksicht auf mein Leben nimmt, das ist eine unmenschliche Entscheidung, die auf unmenschliche Gesetze und Konventionen gründet. Ich bin kein Krimineller, sodass man mich heute ins Gefängnis sperren muss. Ich bin auch kein Terrorist, den man seiner Freiheit beraubt. Ich bin ein Mensch wie ihr, der ein Recht auf Gesundheit und auf Freiheit hat. Ich habe ein Recht auf Leben.“

Der Utopia e.V. solidarisiert sich mit Justin Woachi Patoupés Kampf gegen die menschenunwürdigen Asyl-Bedinungen und fordert die zuständigen Behörden auf, alle geplanten Abschiebungen zu widerrufen. Die Kriminalisierung von Geflüchteten und das wortwörtliche Abschieben von Verantwortung auf andere Mitgliedsstaaten im Rahmen der Dublin-Verordnungen muss gestoppt werden! Die Flüchtlingsberatung des Utopia e.V. sieht sich in diesem Zusammenhang mit einer Verhinderung ihrer eigentlichen Arbeit konfrontiert: Nicht die Unterstützung von Asylverfahren steht im Vordergrund, sondern ein kleinkariertes bürokratisches Ringen mit den Bestimmungen von Dublin, die dem Asylverfahren vorgelagert sind und die Geflüchteten in ihrem Eintreten für universale Menschenrechte zermürben soll.

Kein Mensch ist illegal! Bleiberecht überall!

Frankfurt (Oder), den 20.10.2014,

Utopia e.V.